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Bue­nos Aires, la hermosa!

Der letz­te Blick aus dem Flug­zeug über Tucumán: Die schwe­len­den Feu­er­chen auf den Fel­dern, die ver­bo­te­ner­wei­se zur Ern­te des Zucker­rohrs gelegt wer­den, win­ken mir wie ein letz­ter Gruß noch zu, dann bin ich schon weg.

Und Bue­nos Aires ist wirk­lich schön, es war rich­tig, die­se Stadt als letz­te Argen­ti­ni­en-Etap­pe aus­zu­wäh­len. Denn weil hier viel euro­päi­sches Flair in der Luft schwebt, kann ich das als Ein­ge­wöh­nungs­pha­se nut­zen. Übri­gens war es ganz erstaun­lich, sobald ich in der hell­häu­ti­gen Mas­se der por­te­ños unter­tauch­te, inter­es­sier­te sich kein Mensch mehr für mei­ne blon­den Haa­re. Auch sehr ange­nehm nach vier Mona­ten Hupe­rei und unver­meid­li­chen (aber net­ten) Kom­men­ta­ren. Ich muss mich erst­mal wie­der dar­an gewöh­nen, nichts Beson­de­res mehr zu sein.

Man kann sich hier in klei­nen Gäss­chen ver­lie­ren, auf Märk­ten und zwi­schen Händ­lern fla­nie­ren und am Hafen Son­ne tan­ken. Und der Tan­go, den ich in ande­ren Tei­len des Lan­des ver­geb­lich such­te, ist hier all­ge­gen­wär­tig. Mor­gen mache ich viel­leicht bei einer Tan­go­stun­de mit…

Ich bin gespannt, was mir Bue­nos Aires in den nächs­ten Tagen noch bie­ten wird. Im Moment sit­ze ich ein­fach nur gemüt­lich im Hos­tel und bege­he lei­se mei­nen Geburts­tag, der – obwohl das Datum wegen der Zeit­ver­schie­bung noch nicht stimmt – tat­säch­lich vor 26 Jah­ren stattfand.

Mei­ner mexi­ka­ni­schen Zim­mer­nach­ba­rin, die noch nichts von Argen­ti­ni­en kennt, wer­de ich außer­dem mein gesam­mel­tes Wis­sen leh­ren. Wir fan­gen an mit Lek­ti­on Num­mer Eins: Mate trinken.

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Trin­ken

Was trin­ken die Argen­ti­nie­rIn­nen denn eigent­lich so?

Den Mate kennt ihr ja sicher. Er ist so argen­ti­nisch wie Mara­dona und der Tan­go, und genau­so­we­nig ein Kli­schee. Macht man eine Rei­se oder ver­lässt sonst irgend­wie das Haus, packt man sich in jedem Fall sei­ne cala­ba­za (Mate­be­cher), die bom­bil­la (Stroh­halm aus Metall), yer­ba mate (Mate­kräu­ter) und eine Ther­mos­kan­ne mit auf 90 Grad erwärm­tem Was­ser (wich­tig: es darf nicht gekocht haben) ein. Je nach­dem, ob man den Mate amar­go (bit­ter) oder dul­ce (süß) trinkt, auch noch Zucker.

Das schöns­te beim Mate­trin­ken ist eigent­lich das Ritu­al, denn so gut schmeckt er eigent­lich – zumin­dest anfäng­lich – nicht (er wirkt aber angeb­lich bele­bend und regt die Ver­dau­ung an). Der ceba­dor gibt die Kräu­ter in die cala­ba­za, gießt hei­ßes Was­ser auf und trinkt den ers­ten Becher. Anfäng­lich dach­te ich, dass das ziem­lich ego­zen­trisch ist, aber im Gegen­teil: die ers­te Fül­lung ist näm­lich die bit­ters­te. Danach gießt er immer wie­der auf und jeder Betei­lig­te sip­pelt den Inhalt durch den Trink­halm, bis es blub­belt (das zeigt an, dass kein Was­ser mehr im Becher ist). Auch wenn ich mich jedes Mal dabei ver­bren­ne, trinkt man übli­cher­wei­se schnell aus, damit wie­der nach­ge­füllt wer­den kann.

Argen­ti­ni­en ist – was mir bis­her noch nicht so bewusst war – ein aus­gspro­che­nes Wein­land. Hier gibt es eini­ge Wein­an­bau­ge­bie­te wie zum Bei­spiel Men­do­za und Cafa­ya­te, wo man schö­ne Wein­ver­kos­tun­gen machen kann. Und wenn ihr im Super­markt mal einem argen­ti­ni­schen Wein begeg­net, dann kauft ihn!!! Ich habe bis­her noch kei­nen erwischt, und sei er noch so güns­tig gewe­sen, der nicht geschmeckt hat.

An Soft­drinks ist hier alles beliebt, was süß ist. Cola, Fan­ta, Sprite, Säf­te, usw. Ich wer­de schon ver­rückt gehal­ten, weil ich immer nur Was­ser trin­ke. Das Gute ist aber, das man von allem auch die Zero-Zucker-Ver­si­on bekommt, sogar in Restaurants.

Schließ­lich muss auch noch das Par­ty-Kult­ge­tränk erwähnt wer­den, der Fer­net Coca. Ja, ihr habt rich­tig gele­sen. Was bei uns ledig­lich in der sehr viel älte­ren Gene­ra­ti­on und auch mei­nes Erach­tens nach nur regio­nal kon­su­miert wird, dient hier als Zutat zum Lieb­lings­mix­ge­tränk der jun­gen Leu­te. Wer sich ger­ne in sei­ne Jugenzeit auf dem Dorf zurück­ver­set­zen möch­te, wo es in jedem Fall immer Asbach Cola gab, der kommt mit Fer­net Coca voll auf sei­ne Kosten.

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Ostern in Tilcara

Weil Flü­ge inner­halb Latein­ame­ri­kas sehr teu­er sind, rei­sen alle mit Über­land­bus­sen. Man kann buch­stäb­lich von über­all an jeden Ort kom­men, wobei man meist die Wahl zwi­schen vie­len kon­kur­rie­ren­den Bus­un­ter­neh­men hat. So habe also auch ich die Chan­ce genutzt und bin über Ostern nach Til­ca­ra, einem ver­schla­fe­nen Dörf­chen im Nor­den Argen­ti­ni­ens, gefahren.

Los gings um kurz nach Mit­ter­nacht am zen­tra­len Bus­bahn­hof in Tucumán. Dort geht es tat­säch­lich zu wie an einem Haupt­bahn­hof in Deutsch­land. Übri­gens wur­de das Bahn­netz hier fast kom­plett auf­ge­ge­ben, weil es kaum noch ren­ta­bel ist. Wenn über­haupt ein Zug fährt, dann braucht der meis­tens eini­ge Stun­den län­ger als ein Bus. Die meis­ten Bus­se fah­ren über Nacht, man hat außer­dem die Mög­lich­keit zwi­schen ver­schie­de­nen Rei­se­klas­sen zu wäh­len, also „Eco­no­my”, „Semi cama” (Halb­bett) oder „Cama” (Bett). Es lohnt sich auf jeden Fall, ein paar Pesos mehr für die Cama aus­zu­ge­ben, da bei­spiels­wei­se 18h Fahrt nach Bue­nos Aires im Lie­gen um eini­ges ange­neh­mer sind.

Der Ser­vice im Bus ist aus­ge­zeich­net, ein Ste­ward küm­mert sich um die Rei­sen­den, es wer­den Fil­me gezeigt und man kann sich hei­ßes Was­ser für sei­nen Mate zap­fen (was mei­ne Mit­rei­sen­den auch aus­gie­big taten).

Nach nur 7h Fahrt kam ich also am Grün­don­ners­tag mor­gens um 8 Uhr in Til­ca­ra an. Es war bit­ter­kalt – wie häu­fig nachts im Herbst – aber Til­ca­ra ist zum Glück rela­tiv klein, sodass ich das Hos­tel schnell fand. Ich hat­te mich bei der Aus­wahl nach den Bewer­tun­gen bei Hos­tel­world gerich­tet und was soll ich sagen, das Hos­tel war ein­sa­me Spit­ze! Nicht nur, dass es ein wun­der­schö­nes, typisch latein­ame­ri­ka­ni­sches Haus war, es war zudem noch güns­tig und die Besit­zer aus­ge­spro­chen nett, zuvor­kom­mend und relaxt.

Beim Früh­stück (das bei 8 Euro pro Nacht sogar noch inklu­si­ve war) lern­te ich mei­ne „Mit­be­woh­ner” ken­nen: fast aus­nahms­los allein­rei­sen­de Mädels aus Euro­pa. Dass wir uns alle gleich pri­ma ver­stan­den ist ja wohl logisch (der Abschied nach drei Tagen war dem­entspre­chend traurig).

Nach­mit­tags sind wir ein biss­chen in Til­ca­ra rum­spa­ziert und haben uns Pucará ange­schaut, eine Inka­fes­tung aus dem 12. Jahr­hun­dert, die in den 50er Jah­ren rekon­stru­iert wur­de. Für jeden Bewoh­ner, der dort gelebt hat oder gestor­ben ist, wur­de ein Kak­tus gepflanzt; eini­ge sind meh­re­re Meter hoch (s. Foto). Abends sind wir geschlos­sen in eine Bar gegan­gen, wo argen­ti­ni­sche Live-Musik gespielt wur­de und wir uns am Ende des Abends aus­ge­zeich­net mit der Band und den ande­ren Gäs­ten ver­stan­den haben. Car­ly aus Eng­land stell­te fest, dass sie wohl zur noto­ri­schen Alko­ho­li­ke­rin wer­den müs­se, weil sie mit ein-zwei Glä­sern Wein her­vor­ra­gend Spa­nisch spräche.

Am nächs­tes Tag genos­sen wir das wun­der­schö­ne Wet­ter (um die 30 Grad) und woll­ten abends den Kar­frei­tags­um­zug anschau­en, bei dem die Jung­frau aus der Kir­che geholt und durch das Dorf getra­gen wur­de. Das Gan­ze wur­de beglei­tet von min­des­tens fünf­zehn Pan­flö­ten-Fan­fa­ren-Grup­pen aus dem gan­zen Land – was für ein Cha­os und Lärm! Wer glaubt, die Latein­ame­ri­ka­ner hät­ten Rhyth­mus im Blut, wur­de hier eines Bes­se­ren belehrt. Dass die Pan­flö­tenar­ma­da auch am Oster­sonn­tag ab 8 Uhr mor­gens für meh­re­re Stun­den spie­len wür­de, wuss­ten wir da noch nicht.

Sams­tags woll­ten wir zu den Sali­nas Gran­des. Wir wuss­ten, dass wir mit dem Bus ins nächs­te Dorf Pur­ma­mar­ca muss­ten um dort einen Bus oder ein Taxi zu neh­men. Sprich, wir waren auf euro­päi­sche Wei­se völ­lig unvor­be­rei­tet und unter­schätz­ten mal wie­der die Wei­te die­ses Lan­des. In Pur­ma­mar­ca näm­lich erfuh­ren wir, dass der Bus zu den Sali­nas nur drei­mal am Tag fährt, es also leicht pas­sie­ren kann, dass man dort steht und nicht mehr zurück­kommt. Und auch erst im Taxi, das wir uns dann für 13 Euro pro Per­son gönn­ten, erzähl­te uns unser Taxi­fah­rer Hugo, dass wir jetzt 70km zu dem Salz­see fah­ren, dabei eine Höhe von 4170m über­que­ren und genug Was­ser sowie Son­nen­schutz mit­neh­men müss­ten. Wir waren natür­lich davon aus­ge­gan­gen, dass wir nur ein paar Minu­ten fah­ren wür­den und waren in Flip Flops und T‑Shirt gekom­men. Am Ende war das aber alles kein Pro­blem, wir hat­ten eine schö­ne drei­stün­di­ge Aus­flugs­fahrt im Taxi und auch die Höhe ste­cken wir mitt­ler­wei­le ganz gut weg.

Abends ver­an­stal­te­ten wir ein pro­fes­sio­nel­les Asa­do, mit meh­re­ren Kilo Fleisch, sowie Cho­ri­zo und Mor­cil­la (Wurst­ar­ten). Der Besit­zer des Hos­tels schau­te zwar etwas kri­tisch, weil nor­ma­ler­wei­se ein argen­ti­ni­scher Mann das Asa­do macht und er uns Euro­päe­rin­nen das wohl nicht zutrau­te, half uns aber dann und letz­ten Ende schmeck­te alles vor­züg­lich (Car­ly schwor, dass sie sich danach in einem Fleisch­ko­ma befand). Um Mit­ter­nacht führ­ten uns die Besit­zer in eine Bar, in der eine Cum­bia-Band auf­trat und wir den Til­ca­r­aern mal zeig­ten, wie Euro­päe­rin­nen ihre Hüf­ten bewe­gen können.

Der krö­nen­de Abschluss mei­nes Wochen­en­des war die Heim­fahrt nach Tucumán. Ich hat­te im Bus den Ste­ward bei jedem Halt schon immer inter­es­siert gefragt, in wel­cher Stadt wir uns gera­de befän­den. Als gegen Mit­ter­nacht alle schlie­fen und ich kurz aufs Klo muss­te, luden mich der Ste­ward und der Bus­fah­rer (zwei Her­ren aus Men­do­za älte­ren Semes­ters) ein, bei ihnen in der Fah­rer­ka­bi­ne ein biss­chen zu plau­dern. Ich – noch immer nicht ganz auf die abso­lut ehr­lich gemein­te argen­ti­ni­sche Gast­freund­schaft ein­ge­stellt – war zuerst etwas skep­tisch; das ist bei uns ja nun mal abso­lut nicht üblich und ich wuss­te nicht genau, ob die bei­den nicht irgend­wel­che Hin­ter­ge­dan­ken hat­ten. Da sie aber zwei wirk­lich rüh­ren­de älte­re Her­ren waren und ich annahm, dass den bei­den wahr­schein­lich ziem­lich lang­wei­lig war, ent­schied ich mich dann doch dafür und wur­de belohnt: ich ver­brach­te eine sehr lus­ti­ge Stun­de im Cock­pit und wur­de – selbst­re­dend – zum Mate­trin­ken ein­ge­la­den. Der Bus­fah­rer bot mir sogar an, dass ich mal fah­ren dürf­te (einen Dop­pel­de­cker­bus!!!), aber ich lehn­te aus ver­si­che­rungs­tech­ni­schen Grün­den ab. Typisch argen­ti­ni­sche Sorglosigkeit!

Das Wochen­en­de hat mich ange­stif­tet, noch viel mehr Rei­sen in die Umge­bung zu unter­neh­men. Nach den Erzäh­lun­gen der ande­ren Mädels ist Argen­ti­ni­en tat­säch­lich das sichers­te Land in Süd­ame­ri­ka und man kann als Frau (abge­se­hen von den unver­meid­li­chen Anmach­sprü­chen) rela­tiv unbe­hel­ligt allei­ne reisen.

Übri­gens: Lama­bur­ger schme­cken gut.

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Wochen­end­aus­flug

Da in den nächs­ten Tagen irgend­ein Fei­er­tag ist – von denen es übri­gens sehr vie­le hier gibt – und die Argen­ti­ni­er dann immer noch einen „Brü­cken­tag” dran­hän­gen (in die­sem Fall den Don­ners­tag), haben wir von mor­gen bis Sonn­tag frei. Wir nut­zen das ver­län­ger­te Wochen­en­de, um nach San­ta María zum Zel­ten zu fahren.

Dazu müs­sen wir ein biss­chen durch die Ber­ge kur­ven. Weil es sich bei jenen Ber­gen aber um die Anden han­delt, befin­det man sich zwi­schen­drin auf über 3000 m Höhe (das ist höher als die Zug­spit­ze). Ich habe mir sagen las­sen, dass man gegen mög­li­che Beschwer­den Coca­blät­ter kaut, weil der klei­ne rau­sch­ähn­li­che Zustand die Unpäss­lich­kei­ten über­tüncht. Ich bin gespannt.

In San­ta María wer­den wir dann (wahr­schein­lich ohne flie­ßen­des Was­ser) cam­pen, Feu­er machen, Mate sip­peln und auf den pon­y­ar­ti­gen Pfer­den des Ver­wal­ters gaucho­ar­tig durch die Gegend „rei­ten”, wobei es kei­ne Rol­le spielt, ob man schon­mal gerit­ten ist oder nicht, haut­p­sa­che man hält die Zügel läs­sig in einer Hand und macht es sich so bequem wie mög­lich. „Die Pfer­de lau­fen schon von selbst.”

Aus all die­sen Grün­den bin ich die nächs­ten Tage nicht erreich­bar, wer­de aber dann ab Diens­tag mit hof­fent­lich span­nen­den Berich­ten und schö­nen Fotos auf­war­ten können.