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Wie wir erst nicht in den Zir­kus konn­ten, und dann doch

Für alle, die sich schon Sor­gen gemacht haben, weil sie ein paar Tage nichts mehr von mir gehört haben: Mir geht es gut! Ich habe ein Zim­mer gefun­den, und woh­ne jetzt im Stadt­zen­trum von Tucumán. Mei­ne Mit­be­woh­ner sind unheim­lich nett und woll­ten mich schon gleich am ers­ten Wochen­en­de zu ihrer Fami­lie mit­neh­men. Ihre Kusi­ne wird näm­lich 15 und das wird bei den Mäd­chen hier ganz groß gefei­ert, weil es den Ein­tritt in ihre Frau­lich­keit dar­stellt. Und – ganz argen­ti­nisch – fängt die Par­ty erst um Mit­ter­nacht an. Dies­mal bin ich nicht mit­ge­kom­men, aber so wie ich die bei­den ein­schät­ze, wer­den sie mich jetzt wohl öfter nach Sant­ia­go zu ihrer Fami­lie mitnehmen.

Übri­gens ist mein Zim­mer recht geräu­mig und die bei­den wol­len, dass alle mei­ne Besu­che­rIn­nen bei mir schla­fen, weil „die Aus­län­der hier in den Hotels immer abge­zockt wer­den”. Wer mich also besu­chen will: ich hab ein bis zwei Bet­ten frei.

Was soll denn nun die Über­schrift die­ses Arti­kels bedeu­ten? Fol­gen­des: Wir woll­ten am Frei­tag in den Zir­kus gehen. Unse­re Gut­schei­ne, die uns ver­bil­lig­ten Ein­tritt ver­schaf­fen soll­ten, hat­ten aber kei­ne Gül­tig­keit für die Vor­stel­lung. Also waren wir etwas unschlüs­sig und sind dann ein­fach noch auf ein Getränk ins Zen­trum. Da war es schon 23 Uhr.

Um Mit­ter­nacht bekam mein Mit­be­woh­ner eine SMS von einem Freund, dass es eine Pri­vat­par­ty gäbe, das Ver­klei­dungs­mot­to: Zir­kus! Wir also nach Hau­se, um uns irgend­wie zir­kus­mä­ßig anzu­zie­hen und zu schmin­ken. Da war es dann halb eins. Ich dach­te, hal­be Stun­de fer­tig­ma­chen, dass wir um eins auf der Par­ty sind. Aber da hab ich ver­ges­sen, dass ich in Argen­ti­ni­en bin. Mei­ne Mit­be­woh­ne­rin schmink­te uns alle so kunst­fer­tig, dass wir hin­ter­her jeden Kos­tüm­wett­be­werb gewon­nen hät­ten. Das dau­er­te aller­dings auch sei­ne Zeit. Um halb vier waren wir dann schließ­lich auf der Par­ty, dem­entspre­chend waren wir auch um 8 Uhr mor­gens erst wie­der daheim. Wenn das jetzt so wei­ter­geht, geh ich nach vier Mona­ten auf jeden Fall auf dem Zahnfleisch.

Die Par­ty war übri­gens sehr inter­es­sant. Man merkt, dass die Leu­te Rhyth­mus im Blut haben. Ich muss­te mich von der deut­schen Tanz­wei­se, die eher stamp­fend Rich­tung Boden geht, erst­mal los­lö­sen und mich der latein­ame­ri­ka­ni­schen Wei­se anpas­sen. Mein Tipp: ein­fach immer mit dem Hin­tern wackeln, erst wenn man sich tie­risch einen abschwitzt, macht man es rich­tig. Auch die eher indi­vi­du­ell in sich gekehr­te Art zu tan­zen (jeder tanzt für sich allein), kann man hier ver­ges­sen. Ich kam mir auf jeden Fall sehr plump vor.

Die lus­tigs­te Sze­ne des Abends war aber, als wir drei zur Par­ty los­mach­ten. Wir hiel­ten ein Taxi an und stie­gen ein. Der Taxi­fah­rer dreh­te sich um, und schau­te uns kon­ster­niert an (wegen unse­rer Ver­klei­dung). Schwei­gen. Aber dann durch­brach mein Mit­be­woh­ner die Stil­le und sag­te: „Zum Zir­kus bitte!”

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Back in town

Sode­le. Das war also mein Aus­flug aufs Land. Die Stre­cke an und für sich war nicht lang, Luft­li­nie sind es nur geschätz­te 100 km von Tucumán nach San­ta María, aber da wir auf über 3000 m rauf muss­ten, durch einen Nebel­wald und das Städt­chen Tafí del Val­le – das Kitz­bü­hel der Anden – und auf der ande­ren Sei­te wie­der run­ter, waren wir 5h Stun­den unter­wegs. Und das nicht wie bei uns, auf einer beque­men schnur­ge­ra­den Auto­bahn, son­dern Ser­pen­ti­nen ent­lang mit dem Neben­ef­fekt, dass einen der Höhen­un­ter­schied und das Gekur­ve duse­lig macht.

Es hat sich aber gelohnt, denn obwohl bei der Abfahrt in Tucumán Regen bei 15°C war, und es auch in Tafí nicht bes­ser wur­de, emp­fing uns das Tal von San­ta María mit strah­len­dem Son­nen­schein und 25°C (abends). Und so blieb es dann auch die nächs­ten Tage. Das ist echt ver­rückt hier, man fährt ein paar Meter und schon sieht alles anders aus und man ist ist einer völ­lig unter­schied­li­chen Klimazone.

In San­ta María haben wir dann ganz rus­ti­kal gezel­tet, ohne flie­ßend Was­ser und mit Lager­feu­er. Und rus­ti­kal, das bedeu­tet natür­lich auch, dass es Tie­re gab: schö­ne Tie­re wie klei­ne Meer­schwein­chen, Pfer­de, Esel, Hun­de, Kat­zen, Füch­se, Vögel. Und blö­de Tie­re wie Skor­pio­ne und Schlan­gen (hab ich aber nicht gese­hen), außer­dem zu mei­nem Ent­set­zen rie­sen­gro­ße (Hand­grö­ße!) Spin­nen im Zelt („Die ist aber bestimmt nicht gif­tig, so groß wie die ist.”). Ein Hor­nis­sen­nest hat­ten wir auch neben­an, aber wie ich schon bei den Hun­den fest­ge­stellt habe, sind die Tie­re hier in Argen­ti­ni­en irgend­wie ent­spann­ter und kein biss­chen aggres­siv. Das liegt bestimmt an der Laissez-faire-Lebensweise.

Nachts konn­ten wir geschät­ze hun­dert Mil­li­ar­den Ster­ne sehen (übri­gens nimmt hier süd­lich des Äqua­tors die Son­ne nicht im Süden, son­dern im Nor­den ihren Lauf) und auch vie­le Stern­schnüpp­chen. Was beson­ders auf­fäl­lig war, war die offen­sicht­lich noch größ­ten­teils indi­ge­ne Bevöl­ke­rung, die auch immer noch einen star­ken Bezug zu den Tra­di­tio­nen der Urbe­völ­ke­rung hat. So gos­sen auch wir abends den ers­ten Schluck Wein auf den Boden, als Tri­but für Pacha­ma­ma, also Mut­ter Erde. Alles in allem ist San­ta María ein ruhi­ges, hüb­sches und net­tes klei­nes Städt­chen, in dem es sich garan­tiert gut leben lässt.

Was ich gelernt habe: mein Zelt immer her­me­tisch abzu­rie­geln, dass die Sies­ta hier ein­fach dazu­ge­hört (geht von 13–17 Uhr, sogar die Tie­re machen eine Sies­ta), dass Klei­dung auch immer noch schmut­zi­ger wer­den kann und dass ich zum Haa­re­wa­schen kei­ne Dusche brau­che (ein Fluss oder eine Schüs­sel genü­gen). Außer­dem, dass man für ein ordent­li­ches Asa­do wirk­lich nur einen Rost, Holz­koh­le und gutes Rind­fleisch braucht.

Eben Zel­ten auf argentinisch.

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Wochen­end­aus­flug

Da in den nächs­ten Tagen irgend­ein Fei­er­tag ist – von denen es übri­gens sehr vie­le hier gibt – und die Argen­ti­ni­er dann immer noch einen „Brü­cken­tag” dran­hän­gen (in die­sem Fall den Don­ners­tag), haben wir von mor­gen bis Sonn­tag frei. Wir nut­zen das ver­län­ger­te Wochen­en­de, um nach San­ta María zum Zel­ten zu fahren.

Dazu müs­sen wir ein biss­chen durch die Ber­ge kur­ven. Weil es sich bei jenen Ber­gen aber um die Anden han­delt, befin­det man sich zwi­schen­drin auf über 3000 m Höhe (das ist höher als die Zug­spit­ze). Ich habe mir sagen las­sen, dass man gegen mög­li­che Beschwer­den Coca­blät­ter kaut, weil der klei­ne rau­sch­ähn­li­che Zustand die Unpäss­lich­kei­ten über­tüncht. Ich bin gespannt.

In San­ta María wer­den wir dann (wahr­schein­lich ohne flie­ßen­des Was­ser) cam­pen, Feu­er machen, Mate sip­peln und auf den pon­y­ar­ti­gen Pfer­den des Ver­wal­ters gaucho­ar­tig durch die Gegend „rei­ten”, wobei es kei­ne Rol­le spielt, ob man schon­mal gerit­ten ist oder nicht, haut­p­sa­che man hält die Zügel läs­sig in einer Hand und macht es sich so bequem wie mög­lich. „Die Pfer­de lau­fen schon von selbst.”

Aus all die­sen Grün­den bin ich die nächs­ten Tage nicht erreich­bar, wer­de aber dann ab Diens­tag mit hof­fent­lich span­nen­den Berich­ten und schö­nen Fotos auf­war­ten können.

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Zeit­ver­schie­bung

Ich war auf einen Geburts­tag ein­ge­la­den. Um 18.30 Uhr ging es los. Abge­se­hen davon, dass alle (außer uns Deut­schen und der Ame­ri­ka­ne­rin) zu spät kamen, wur­de Kuchen, Snacks und kein Alko­hol ser­viert. Um Mit­ter­nacht ver­ab­schie­de­ten sich alle. Ich wun­der­te mich, weil die Argen­ti­ni­er sonst eigent­lich ger­ne, lan­ge und aus­ge­las­sen fei­ern, und wur­de auf­ge­klärt. Es han­del­te sich um einen Kaf­fee-und-Kuchen-Geburts­tag, und die meis­ten Gäs­te wür­den wohl noch wei­ter­zie­hen, um dann wo anders zu Abend essen. Ich mer­ke schon, die Uhren ticken hier anders.

Auch sonst kann man hier nicht mit deut­schen Zeit­ver­hält­nis­sen mes­sen. Wenn man sich zu einer bestimm­ten Uhr­zeit ver­ab­re­det, kann man gene­rell eine Stun­de drauf­le­gen und ist dann immer noch zu früh. Und von 13–17 Uhr geht hier gar nichts, man darf auch nie­man­den anru­fen, denn dann ist Sies­ta. Aber dafür endet der Abend dann auch garan­tiert nicht vor Mitternacht.

Und Bus­fahr­plä­ne? Gibts hier nicht. Fes­te Zeit­blö­cke an der Uni? Nö. Noch bin ich pflicht­be­wusst, aber wun­dert euch nicht, wenn ich nach mei­ner Rück­kehr zeit­lich etwas fle­xi­bler gewor­den bin.

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Die Welt ist verrückt!!!

Beim deut­schen Stamm­tisch ges­tern abend sind mir (min­des­tens) zwei Ver­rückt­hei­ten begegnet:

  1. Es gibt Leu­te (also Argen­ti­ni­er), die so ger­ma­no­phil sind, dass sie alles über Deutsch­land, sei­ne Kul­tur und Spra­che wis­sen, obwohl sie noch nie da waren. So zum Bei­spiel Sebas­ti­an, der per­fekt Deutsch spricht, mich über die deut­sche Pop­kul­tur auf­ge­klärt hat, und ab Sep­tem­ber mit Sack und Pack nach Deutsch­land zieht, um dort auf Lehr­amt (Phy­sik und Mathe!) zu studieren.
  2. Ich traf Uwe, der aus beruf­li­chen Grün­den hier in Tucumán ist. Und für wel­che Fir­ma arbei­tet er? Für eben­die, bei der ich selbst schon seit Jah­ren mei­nen Feri­en­job mache.

Ver­rückt!