Vor genau einem Jahr habe ich mich über die zwischenmenschlich-sozial desensibilisierten Busfahrer Potsdams mokiert. Ich muss meine Ansicht mittlerweile aber bis zu einem gewissen Grad revidieren. Zwar hat sich verhaltenstechnisch nichts geändert, aber der diesjährige Winter, der mal wieder alle überrascht hat, weil er viel zu schnell und viel zu intensiv kam (man gewöhnt sich einfach nie dran, kaum kommt der Dezember – schwupps! ist auch schon Winter), liefert eine kleine Entschuldigung für das Verhalten der Busfahrer: sie sind nämlich gestresst.
Und da durfte ich doch tatsächlich innerhalb weniger Wochen zwei Glanzleistungen der lokalen Fahrer beobachten, die meine Bewunderung hervorriefen und meine Motivation, sie weiterhin freundlich zu grüßen, steigerte. Beide Vorfälle fanden auf dem abendlichen Heimweg vom sehr abseits gelegenen Campus Golm statt:
Das erste Mal wollte sich der Bus wie gewöhnlich durch die schmalgebaute 30er-Zone des Golmer Wohngebiets schlängeln. Als der 15m lange Gelenkbus schon um die Kurve gebogen war, störte dann doch das eine falschgeparkte Auto und wir steckten fest. Jegliches Vor- und Zurückstoßen verschlimmerte die Lage nur. Auch dass wir Fahrgäste versuchten, das Auto wegzutragen, trug nicht positiv zur Veränderung der Situation bei. Schließlich schaffte es der Busfahrer durch millimetergenaues Rangieren, den Bus und damit uns aus der misslichen Lage zu befreien. Echt eine Wahnsinnsleistung.
Das zweite Ereignis erlebte ich, als es abends anfing zu schneien, nachdem den ganzen Tag lang Grade um die Null überall Schneematsch verursacht hatten. Die Straße war also extrem glatt und leider befindet sich die Bushaltestelle genau in einer Senke, sodass man bei diesem Wetter Anlauf nehmen muss, um wieder aus der Senke herauszukommen. Diesen Anlauf hatte der Bus aber nicht (weil er ja halten musste, um uns einzusammeln). Deshalb musste der Fahrer dreimal mit seinem Riesengelenkbus zurückstoßen, bis er auf der anderen Seite so weit die Senke wieder raufgekrabbelt war, dass er genug Anlauf nehmen konnte. Die Verkehrsinsel in der Mitte der Straße, die die Spur noch verschmälerte, trug nicht helfend zur Verbesserung der Umstände bei. Als der Busfahrer das Hindernis überwunden hatte und wir unseren Weg fortsetzen konnten, klatschten wir alle bewundernd wie Touristen in einem Mallorcaflieger, wenn der Pilot gelandet ist.
Deshalb also meine neuen Vorsätze für dieses Jahr: Nachsichtig sein, auch wenn die soziale Komepetenz der Potsdamer Busfahrer mal wieder auf dem Tiefpunkt angekommen ist; sie habens halt echt nicht leicht.